Deutsch-Französische Gesellschaft Paderborn
Société franco-allemande de Paderborn
Im Nachgang des 200. Geburtstags von Gustave Flaubert - Stephan Schäfer referiert zu Madame Bovary
Auf Einladung der Deutsch-Französischen Gesellschaft referierte der Kölner Sprecher und Literaturvermittler Stephan Schäfer zu Flauberts wohl berühmtestem Roman – Madame Bovary. Seinerzeit sollte die Veröffentlichung gerichtlich verhindert werden. Die Verbindung von Erotik und Ehebruch mit dem bürgerlichen Landleben Frankreichs war skandalös!
Aber – der Klage wurde nicht stattgegeben, das Werk veröffentlicht! Und es wurde zur Weltliteratur, weil es zur damaligen Zeit als moderner Roman die Literaturszene veränderte.
Reale Vorlage für die Geschichte der Emma Bovary war vermutlich der Selbstmord einer unglücklich verheirateten Frau im normannischen Dorf Ry. Madame Bovary wird als ‚realistischer Roman‘ bezeichnet. Flaubert verwischte allerdings Spuren, wie z.B. den chronologischen Ablauf der Ereignisse, der widersprüchlich ist und so schwer nachvollziehbar. Bei Flaubert wird Dichtung zur Wahrheit und nicht umgekehrt. Seiner Ansicht nach muss sich der Autor zurückhalten. „Man soll ihn spüren, aber nicht sehen“, so Flaubert. Er bleibt unparteilich und neutral.
Schäfer erklärte ‚sprechende Namen‘ und erläuterte verschiedene Leitmotive des Romans (Pferde, die Farbe Blau, Fensterszenen etc.) und einige Parallelhandlungen, wie z.B. die Parallelität des Hochzeits- und des Leichenzuges am Ende des Romans. Emma Bovary prägt Ende des 19. Jahrhunderts den Begriff des ‚Bovarismus‘, eine Erkrankung, die aus dem Wunsch entsteht, aus dem eigenen langweiligen Leben zu entfliehen.
Deutlich wurde: Was so fließend und leicht klingt, ist Ergebnis harter Arbeit. Flaubert prüft jeden Satz auf Melodie und Rhythmus.
Schon 1895 schrieb Emile Zola: „Als Madame Bovary erschien, bedeutete das eine vollständige literarische Umwälzung. Madame Bovary besaß eine Klarheit und Vollkommenheit, die aus ihr den typischen Roman, das definitive Modell des Genres machte.“
Stephan Schäfers Ausführungen führten den Zuhörern lebhaft vor Augen, warum dieser Roman zur Weltliteratur geworden ist.